Rückblick auf die 44. Legislaturperiode |
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15. Kultur
92.083 |
Verbesserung der
Verständigung zwischen den Sprachgebieten |
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Amélioration de la
compréhension entre les différentes régions linguistiques |
Bericht: 22.10.1993 (BBl 1994 I, 17 / FF 1994 I, 19)
Ausgangslage
Nach der EWR-Abstimmung hatten beide Räte
Spezialkommissionen eingesetzt. Sie sollten den Ursachen der Divergenzen zwischen der
Deutschschweiz und der Romandie nachgehen und Vorschläge für eine bessere Verständigung
unterbreiten. Nach dem Willen der Verständigungskommissionen soll im Jahre 2000 eine
zentrale Landesausstellung stattfinden. Für 1998 regen sie eine 150-Jahrfeier an. Auch
die Arbeiten an der Totalrevision sollen wieder aufgenommen werden. Eine wichtige Rolle
weisen die Kommissionen den Medien zu. Diese müssten wieder vermehrt von schweizerischen
Informationsquellen Gebrauch machen. Von Radio und Fernsehen wird verlangt, dass sie
Informationssendungen von nationalem Interesse in Hochdeutsch senden.
Verhandlungen
SR |
14.12.1993 |
AB 1993, 1032 |
NR |
15.03.1994 |
AB 1994, 362 |
In der Diskussion des Berichtes im Ständerat wurde
wiederholt Friedrich Dürrenmatt zitiert, der 1990 in einem Interview erklärt hatte:
"Das Problem der Schweiz besteht auch darin, dass die deutsche und französische
Schweiz längst nicht mehr miteinander, sondern nur gerade nebeneinander leben."
Sämtliche Referenten plädierten dafür, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die nach
der EWR-Abstimmung virulent gewordenen Spannungen zwischen der Romandie und der
Deutschschweiz zu überbrücken. Petitpierre (R, GE) erklärte, die Schweiz verliere
zunehmend an Glanz, während sich Europa ohne uns neu formiere. Iten (R, ZG) meinte, dass
die Befürworter des EWR eigentlich keine Sonderkommission brauchen, um mit ihrer
Niederlage fertig zu werden. Es gebe keinen Grund, den Stimmbürgerinnen und
Stimmbürgern, die nein gestimmt hätten, Schuldgefühle zuzuschieben. Schallberger (C,
NW) fand es eigenartig, dass der Verständigungskommission nur EWR-Befürworter angehört
hätten.
Im Nationalrat stand die Sprachenfrage im
Mittelpunkt der Debatte. Die Rede war aber auch von der wirtschaftlichen Dominanz der
deutschen Schweiz, und die Tessiner Vertreter verfehlten nicht, auf den Entscheid von
"Von Roll" hinzuweisen, das Stahlwerk Monteforno zu schliessen. Bezzola (R, GR)
erinnerte daran, dass es auch noch eine vierte Landessprache gibt, welche dringend der
Förderung bedürfe. Die dominierende Position des Schweizerdeutschen bewegte die Gemüter
insbesondere was das Fernsehen betrifft. Rebeaud (G, GE) forderte die Deutschschweizer
auf, im Umgang mit den Romands nicht aus Höflichkeit, sondern im Interesse des Landes
Hochdeutsch zu sprechen. Er warnte davor, das Zusammenfallen von sprachlicher und
politischer Grenze zu dramatisieren. Gross (S, ZH) meinte, die Schweizer seien
kompromisssüchtig, sie wollten sich einig werden, bevor sie sich überhaupt richtig
kennengelernt hätten. Dabei könnte man gerade aus den Unterschieden zwischen den
verschiedenen Kulturen die Kraft für die Zukunftsentwürfe holen.
Beide Räte nahmen vom Bericht Kenntnis.
Legislaturrückblick 1991-1995 - © Parlamentsdienste Bern
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